1.200.000 Gulden, 1.200 Aktien und 181 Aktionäre
Für Baden und die Forschung gerettet: Dem Generallandesarchiv Karlsruhe ist es gelungen, ein Schlüsseldokument der badischen Wirtschaftsgeschichte für die Nachwelt zu sichern. Zwar gingen große Teile der Überlieferung der Spinnerei und Weberei Ettlingen AG im 20. Jahrhundert verloren, aber das Generallandesarchiv konnte kürzlich das Hauptbuch der 1836 gegründeten Textilfabrik erwerben, die eine der beiden ersten Aktiengesellschaften Badens und die erste der deutschen Baumwollindustrie war.
Die Gründung der Textilfabrik erfolgte in der frühindustriellen Phase Badens, als die maschinelle Produktion ihren Anfang nahm. Sie ging von dem Landtagsabgeordneten Franz Anton Buhl aus. Zukunftsweisend war dabei der Beitritt Badens zum Zollverein 1836. Das Wasser der Alb bot die zur maschinellen Produktion nötige Antriebskraft. Die finanziellen Grundlagen lieferte das Karlsruher Bankhaus Haber. Geplant waren 2.000 Aktien, zunächst wurden jedoch nur 1.200 Aktien ausgegeben. Zu den 181 Aktionären gehörten auch Großherzogin Stephanie sowie die Markgrafen Wilhelm und Maximilian von Baden. Das Knowhow für die maschinelle Verarbeitung der Baumwolle, Maschinen und Fachkräfte wie der technische Leiter Johann Vetter-Koechlin kamen aus dem Elsass, wo es schon seit längerem Textilfabriken gab. Im Jahr 1838 erfolgte die Inbetriebnahme der 42 Spinnmaschinen und 186 Webstühle.
1,2 Millionen Gulden – mit dem Eintrag dieser Einlagesumme beginnt das Hauptbuch der Spinnerei und Weberei Ettlingen AG. Mit Vermerken von der Gründung 1836 bis zum Jahr 1839 stellt es eines der frühesten Originale der Ettlinger Textilfabrik dar und ergänzt das Firmenarchiv, das das GLA seit 2003 aufbewahrt. Das Hauptbuch befasst sich auf 331 Doppelseiten mit den Finanzen der Textilfabrik und beinhaltet vor allem Einträge zu Soll und Haben. Neben dem Aktienkapital sind „Gründungskosten“, „Baukosten“ oder „Vorschüsse an Arbeiter“ eingetragen. Das Hauptbuch enthält auch ein „Maschinen-Conto“ und Notizen zu den benötigten Materialien Baumwolle und Garn. Sozialgeschichtlich interessant sind die Einträge zu den Arbeitslöhnen und zur Krankenkasse für die Fabrikarbeiter, deren Zahl in der Jahrhundertmitte auf 1.800 anwuchs. In der Folgezeit vergrößerte und modernisierte sich die Ettlinger Textilfabrik. Ihre Geschichte ist bedeutend für die wirtschaftliche Entwicklung des Albtals und darüber hinaus für die frühindustrielle Wirtschaftsgeschichte Badens.
Das Hauptbuch wird als Teil des Bestands „69 Spinnerei Ettlingen“ im Generallandesarchiv aufbewahrt. Das Firmenarchiv umfasst Unterlagen zu den Finanzen der Textilfabrik wie Rechnungen und Preislisten, Statuten, Korrespondenz der Direktion und Protokolle der Generalversammlungen.
Zum Online-Findmittel des Bestands „69 Spinnerei Ettlingen“ gelangen Sie hier; den Eintrag zum Hauptbuch 1836–1839 (= 69 Spinnerei Ettlingen, Nr. 51) finden Sie hier.