Auswanderung
Vermehrt seit dem 18. Jahrhundert wanderten Menschen, alleine oder im Familienverbund, in größerer Zahl aus dem Gebiet des heutigen Baden-Württemberg aus. Ihre bevorzugten Ziele lagen zunächst in Ost- und Westeuropa, im 19./20. Jahrhundert kamen v.a. Nord- und Südamerika in den Blick. Die angestammte Heimat wurde aus unterschiedlichsten Motiven verlassen: Wirtschaftliche, religiöse, soziale oder politische Gründe lagen einer Auswanderung zugrunde.
Welche Informationen benötigen Sie, um mit der Suche beginnen zu können?
Für Recherchen im Archivgut des Landesarchivs sind einige Vorinformationen wichtig:
- Name der gesuchten Person
- Lebensdaten der gesuchten Person
- Heimatort des Auswanderers sowie Zeitraum der Auswanderung
Je genauer und vollständiger diese Angaben sind, desto zielgerichteter kann man in den Beständen recherchieren und gefundene Treffer sicher einer gesuchten Person zuordnen.
Wo können Sie mit Ihrer Suche starten?
Ein erster Rechercheeinstieg kann über die Auswanderer-Datenbank desThemenmoduls "Auswanderung aus Südwestdeutschland" im landeskundlichen Informationsportal LEO-BW erfolgen. Dabei ist sowohl eine Suche nach Orten als auch nach Namen möglich.
Auch einschlägige Literatur und die Seiten genealogischer Vereine können erste Hinweise bieten (z.B. GenWiki).
Welche Unterlagen können Sie im Landesarchiv Baden-Württemberg finden?
Die Auswanderung berührte die Hoheitsrechte eines Staates und die jeweiligen Landesherrschaften versuchten daher, das Verfahren über Dekrete und Verordnungen zu steuern. Dies konnte je nach Interessenlage eines Territoriums die Verhinderung des Wegzugs sein, aber im Gegenteil auch eine Quasi-Abschiebung bestimmter Personengruppen oder aber die gezielte Anwerbung für bestimmte Gebiete.
Weil mit der Aus- bzw. Einwanderung hoheitliche Rechte betroffen waren, musste bei den jeweils zuständigen Behörden einer Landesherrschaft um Genehmigung dafür nachgesucht werden. Entsprechender Schriftverkehr findet sich in verschiedenen Beständen, insbesondere Akten über die Entlassung aus der Leibeigenschaft (Manumission) bzw. aus der Staatsangehörigkeit bieten viel Material.
Bei einer Suche hilfreich sind auch Rechnungsunterlagen der Finanz- und Kameralbehörden zur Entrichtung von Manumissionsgebühren oder Nachsteuerzahlungen.
Die Tätigkeit der teils offiziellen, teils illegalen Auswanderungsagenten und Werber hat ebenfalls schriftlichen Niederschlag gefunden und kann für Recherchen genutzt werden.
Den offiziellen Weg schlugen jedoch bei weitem nicht alle Auswanderungswilligen ein. Sowohl die aus politischen Gründen außer Landes Flüchtenden als auch die wegen Überschuldung Wegziehenden taten dies in aller Regel nicht. Ein heimlicher Wegzug konnte dann ggf. zu Klagen und Prozessen von Geschädigten (Stichwort: nicht bezahlte Schulden) führen. Gerichts- und Nachlassakten enthalten daher Informationen über solche Ausgewanderte. Gerade Erbschaftsunterlagen können Hinweise auf im Ausland lebende bzw. nach auswärts verzogene Miterben oder Nachlasser erbringen.
Mit amtlichen Bekanntmachungen und Suchanzeigen in Zeitungen wurden potentiell Geschädigte bzw. Erben aufgefordert, ihre Ansprüche geltend zu machen. Auch in dieser Quellengattung sind also Informationen über Auswanderer zu finden.
Ab dem 19. Jahrhundert waren die Bezirks- bzw. Oberämter als untere Verwaltungsbehörden in Baden, Württemberg und Hohenzollern die für eine Auswanderung zuständigen Stellen. Die einschlägigen Bestände für den badischen Landesteil sind im Staatsarchiv Freiburg und im Generallandesarchiv Karlsruhe zu finden. Württembergische Oberamtsbestände verwahren das Staatsarchiv Ludwigsburg sowie das Staatsarchiv Sigmaringen, dort ist auch die hohenzollerische Überlieferung zu finden.
Weiterführende Links
Die Überlieferungslage unterscheidet sich jedoch von Bezirksamt zu Bezirksamt (Baden) und von Oberamt zu Oberamt (Württemberg) stark, nicht alle Akten haben sich erhalten. Die Auswanderungsverzeichnisse in den Oberamtsbeständen bieten den ersten und – sofern die eigentlichen Auswanderungsakten nicht mehr überliefert sind – oftmals auch den einzigen Nachweis für eine Auswanderung. Auch die Verzeichnisse der ausgestellten Heimatscheine, Reisepässe und sonstigen Passunterlagen stellen wichtige Quellen dar.
In den Beständen der vier württembergischen Kreisregierungen befindet sich teilweise eine komplementäre Überlieferung, da diese die letztliche Entscheidung über die Auswanderung fällten. Die Akten der Kreisregierungen sind vollständig digitalisiert.
Wer vergeblich nach einer bestimmten Auswanderungsakte sucht, muss bedenken, dass sehr viele Auswanderungen illegal erfolgten und möglicherweise nie eine Akte entstanden ist.
Welche Unterlagen können Sie in anderen Archiven einsehen?
Die Heimatgemeinden der Auswanderungswilligen erhielten in der Regel von den übergeordneten Verwaltungsbehörden eine Benachrichtigung über den Auswanderungswunsch, oft verbunden mit der Bitte um eine Stellungnahme zu den Lebensumständen bzw. zur Einschätzung der Vermögensverhältnisse. Daher findet sich in den Archiven der baden-württembergischen Städte und Gemeinden oft vergleichbare bzw. gleiche Unterlagen, die bei Recherchen mit herangezogen werden können.
Über das Portal "Archive-BW" können Sie kommunale Archive in Baden-Württemberg finden.
Wenn der Heimatort in Baden-Württemberg nicht bekannt ist bzw. Quellen zur Reise
Weitere aussagekräftige Quellen sind Passagierlisten der den Atlantik überquerenden Auswandererschiffe. Solche sind beispielsweise im Historischen Museum Bremerhaven, über das Auswanderermuseum BallinStadt Hamburg oder bei Ancestry zu finden.
Für in die USA emigrierte Personen bieten die Bestände des Nationalarchivs und die Statue of Liberty Ellis Island Foundation entsprechende Recherchemöglichkeiten.
Über die Passagierlisten kann man oft den Heimatort der ausgewanderten Person ermitteln und so Informationen für eine weitere Recherche (siehe oben) erhalten.
Südwestdeutsche Archivalienkunde
Haben Sie Fragen oder Anregungen?
Schreiben Sie uns gerne bei Fragen und Kritik zu den Rechercheratgebern eine E-Mail