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09.08.2023

Rechtsextremismus: Gefahr droht von "Mischszene"

Podiumsdiskussion Rechtsextremismus
Im Gespräch miteinander (von links nach rechts): Dr. Boris Weirauch MdL, Oliver Hildenbrand MdL, Staatssekretär Benjamin Strasser MdB, Generalbundesanwalt Dr. Peter Frank, Moderatorin Caroline Walter, Arnulf Freiherr von Eyb MdL, Nico Weinmann MdL.
Aufnahme: Artis / Uli Deck

Generalbundesanwalt, Bundes- und Landespolitiker bei Podiumsdiskussion im Generallandesarchiv Karlsruhe

Die rechtsextreme Landschaft in der Bundesrepublik Deutschland hat sich in den letzten Jahren verändert. Klischeehaft auftretende Neonazis und Skinheads sind out, eine gewaltbereite "Mischszene" von Verschwörungstheoretikern, Rechtsextremisten, sogenannten "Reichsbürgern", Corona-Leugnern und Querdenkern bestimmt das Geschehen.

Gefahr droht von "Reichsbürgern", die die Bundesrepublik und ihre demokratischen Strukturen nicht anerkennen und mit "militärischen Mitteln" den "Umsturz der Regierung" erzwingen wollen, sagte Peter Frank, Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (BGH). Deutschlands oberster Ankläger war der prominenteste Teilnehmer eines Podiumsgesprächs, das Ende Juli den Abschluss der Vortragsreihe "Terror von Rechts. Gestern und Heute" der Dokumentationsstelle Rechtsextremismus (DokRex) im Generallandesarchiv Karlsruhe bildete. Auf mehreren Veranstaltungen der DokRex hatten zuvor Referenten und Referentinnen aus den Bereichen Journalismus und Wissenschaft aufgezeigt, dass rechtsextremer Terror eine viel längere Geschichte hat, als in der Öffentlichkeit wahrgenommen. Schon in der Weimarer Republik hat der Rechtsterrorismus prominente Opfer wie die Politiker Walther Rathenau und Matthias Erzberger hervorgebracht. Der folgenreichste Anschlag in der Geschichte der Bundesrepublik wurde 1980 durch einen baden-württembergischen Neonazi verübt. 13 Menschen verloren beim Anschlag auf das Oktoberfest auf der Münchner Theresienwiese ihr Leben.

Prof. Dr. Gerald Maier, Präsident des Landesarchivs Baden-Württemberg, erinnerte zu Beginn des Podiumsgesprächs daran, dass die rechtsextreme Terrorgruppe "Nationalsozialistischer Untergrund" (NSU) 2007 auf der Heilbronner Theresienwiese eine Polizistin ermordete und deren Kollegen schwer verletzte.

Einig war sich die Runde darin, dass der Bundesrepublik Deutschland aktuell vom Rechtsextremismus die größte Gefahr droht, gegen die aktiv und präventiv vorgegangen werden muss. So wurde auf Anordnung der Generalbundesanwaltschaft im Dezember 2022 eine bundesweite Razzia gegen ein Netzwerk von "Reichsbürgern" durchgeführt. Tausende Polizistinnen und Polizisten waren im Einsatz. Das Verfahren gegen die "Reichsbürger" der mutmaßlich rechtsterroristischen Gruppe Reuß mit mehr als 60 Beschuldigten bindet in der Bundesanwaltschaft erhebliche Kräfte, so Frank.